Helfer erneut im Nacht-Einsatz

Benjamin Franklin Village: Hilfsorganisationen haben ganz kurzfristig Platz für weitere 900 Flüchtlinge geschaffen

Beleuchtung der Verkehrswege im Benjamin Franklin Village

In Käfertal mussten in der Nacht zum Donnerstag überraschend weitere Unterkünfte für bis zu 900 Flüchtlinge geschaffen werden. 580 Menschen kamen noch in der Nacht in elf Bussen, überwiegend aus Aufnahmeeinrichtungen in Karlsruhe und Ellwangen, an. Mit den neuen, jetzt belegten sechs Wohnblöcken ist der Bereich um die Columbusstraße, also alles südlich der OEG-Gleise, mit bis zu 4000 Asylbewerbern komplett ausgelastet. Die Anweisung kam vom Karlsruher Regierungspräsidium, "wie immer sehr kurzfristig", wie es von Einsatzkräften heißt. Obwohl schon in den vergangenen zwei Wochen mehrfach im Schnellverfahren die Kapazitäten erweitert wurden, war jetzt wieder höchste Eile geboten.

Erstmals wurde auch die Bundeswehr in Mannheim eingesetzt. Die 20 Soldaten aus Müllheim im Markgräflerland bauten - bisher hier nicht verwendete - dreistöckige Feldbetten auf, um mehr Menschen unterbringen zu können.

Zudem waren neben dem Roten Kreuz, das auf dem Gelände die Federführung hat, 30 Mitglieder vom Technischen Hilfswerk (THW) Mannheim und Ladenburg, Beamte der Berufsfeuerwehr, Ehrenamtliche der Freiwilligen Feuerwehren Neckarau und Seckenheim, die Feuerwehr Hemsbach und etwa 30 Freiwillige dabei, darunter Schüler der Mannheimer Akademie für soziale Berufe, die nach dem Unterricht kamen. Insgesamt packten bis zu 250 Leute an, teils bis Mitternacht, teils bis 4 Uhr in der Früh.

Erster Unmut bei Helfern

Erst nach 3 Uhr war klar, dass alle Neuankömmlinge auch einen Schlafplatz haben. "Es war ein Riesenkraftakt", so Nico Losse, der Sprecher des Roten Kreuzes, den man nur "im Schulterschluss aller Organisationen" gepackt habe.

Dabei nimmt unter den Helfern langsam der Unmut zu - insbesondere, weil die Einsätze immer enorm kurzfristig kommen. "So etwas ist ja kein Brand oder Unfall, das ist doch absehbar - und wenn man es rechtzeitiger plant, kann manches auch eine Sanitärfirma übernehmen", beklagte ein Helfer gegenüber dem "MM". Absagen gebe es aber nicht, heißt es von Führungskräften, "noch werden alle Arbeitgeber mit der Situation einig", erfuhr der "MM". Knapp wird indes das Material: Das THW musste Beleuchtungsgerät und Stromaggregate leihen.

Entlastung brachte, dass es der MVV Energie AG jetzt gelang, die Straßenbeleuchtung in Teilen von Benjamin Franklin Village wieder einzuschalten. Ein Problem ist nach wie vor, dass die Wohnblocks nach Räumung durch die Amerikaner 2007 alle von Strom, Wasser und Fernwärme abgeklemmt wurden. Einerseits sind daher zahlreiche Duschcontainer, Handwaschbecken und mobile Toilettenkabinen im Freien aufzustellen, die Wasserrohre dazu zu verlegen, und die Gebiete jeweils auszuleuchten.

Andererseits müssen in den Wohnungen alle Kabel abgeklemmt, Toiletten verschlossen werden, damit sie niemand aus Versehen nutzt oder durch verkeimte Leitungen Krankheiten ausbrechen. "Manchmal wurden Wohnungen schon belegt, ohne dass die Leute wussten, dass sie kein Wasser und Abwasser haben. Dann erst mussten wir rein und die schon benutzten Toiletten verriegeln, bei irrem Gestank", schilderte ein Ehrenamtlicher dem "MM". Inzwischen sei aber - was es anfangs nicht gab - klar, dass Helfer bewohnte Bereiche nur mit Einweg-Schutzanzug, Mundschutz und Handschuhe betreten. Auch alle Schlösser an Türen, Schränken und Fenstern der Häuser werden ausgebaut und zentral gesammelt, damit sich niemand, der mit dieser Mechanik nicht vertraut ist, einschließt.

Insgesamt sind jetzt allein in dem Bereich, den das Rote Kreuz betreibt, 14 Blocks belegt. "Wir sind voll, mehr geht nicht", so DRK-Sprecher Losse.

© Mannheimer Morgen, Freitag, 25.09.201, Peter Ragge


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