Unterstützung der Stadt Mannheim beim Umbau der Lilli-Gräber-Halle zur Flüchtlingsunterkunft

16 THW´ler packen kräftig an

 

 

Trotz gleichzeitig stattfindender Staplerausbildung, dem Technischen Dienst der Fachgruppe Schwere Bergung und dem Leistungsabzeichen der THW Jugend in Oberhausen-Rheinhausen, bei dem die Junghelfenden betreut werden mussten, fanden sich auf eine spontane Anfrage am späten Donnerstagabend viele Freiwillige, die mit ihren Kenntnissen zum Thema Feldbettenaufbau die Stadt Mannheim unterstützen wollten.

 

 

 

 

 

Treffpunkt war 08:00 Uhr Samstag im Rettungszentrum, dann wurde gemeinsam zur Lilli-Gräber-Halle in der direkten Nachbarschaft gelaufen, wo die Feuerwehr die Feldbetten hinlieferte. Die Betten wurden in die vorgerichteten Kabinen getragen und dort von Zweierteams aufgebaut. Nach gut dreißig Minuten standen knapp 200 Feldbetten bereit und warten nun auf die Belegung mit den der Stadt zugewiesenen Flüchtlingen aus aller Welt.

 

 

 

Dazu schrieb der Mannheimer Morgen am 29.03.23 (Florian Karlein)

 

 

 

Die beiden Männer wissen genau, wo sie hinzugreifen haben. Ausklappen, einrasten und nach 20 Sekunden steht das Feldbett. Viele Handgriffe sind auch nicht nötig: Ein Stück Stoff – meistens blau, manchmal braun –, gespannt über eine Metallkonstruktion. Fast 200 Mal wiederholt sich das am Samstag in der Lilli-Gräber-Halle in Friedrichsfeld. Ein großer Schritt, um die Sporthalle in eine Sammelunterkunft für Geflüchtete umzuwandeln. An diesem Donnerstag sollen die ersten 60 Menschen dort einziehen, vor allem Syrer und Ortskräfte aus Afghanistan.

 

 

 

 

 

8.57 Uhr am Samstag. Die Helfer von Technischem Hilfswerk (THW) und einer vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) versammeln sich im Vorraum der Halle. Im Halbkreis stehen sie in ihren blauen Uniformen um vier noch zusammengeklappte Feldbetten herum. Es sind die letzten, die noch in die Kabinen verräumt werden müssen, die demnächst von bis zu vier Menschen bewohnt werden. „Wenn offen, dann fertig!“, lautet die Ansage. Ohne Umwege setzen sich die Helfer in Bewegung. Wenige Minuten später hängen viele der weißen Vorhänge, die als Tür dienen, über den Wänden. Das Signal, dass die Helfer mit dieser Kabine durch sind. Um 9.20 Uhr ist aus der Sporthalle endgültig eine Flüchtlingsunterkunft geworden: die Tribünen leer, die Basketballkörbe hochgeklappt, die Handballtore weggeräumt, dafür neue Brandmelder an der Decke.

 

 

 

 

 

Vier Betten, eine Stehlampe und USB-Anschlüsse – mehr gibt es in den 48 Wohnkabinen nicht. Die Bettwäsche fehlt an diesem Samstag noch. Auch am Dienstagmorgen sind die Feldbetten noch nackt. Man wolle, erklärt Ingo Henke, dass sich die Menschen in der Unterkunft wohlfühlen. Deswegen wird gerade noch daran getüftelt, dass die künftigen Bewohner der Halle W-Lan haben. Außerdem wurde etwas Strom in die fünf auf nicht ganz drei Meter großen Räume gelegt, damit die Menschen zumindest ihre Smartphones laden können. Henke ist Mitgeschäftsführer von Ciborius.

 

 

 

 

 

Der Dienstleister hatte am Montag vergangener Woche damit begonnen, die Halle in kleine Räume zu unterteilen, und wird die Unterkunft betreiben. „Mehr Wohlbefinden bedeutet weniger Aggressionen“, sagt er. Dafür will das Ciborius-Team den Menschen so viel wie möglich unter die Arme greifen, etwa bei Terminen und Behördengängen unterstützen. Für Verpflegung sorgt ein Caterer drei Mal am Tag. Auch ein Freizeitprogramm und ein kleiner Medizincheck sind vorgesehen. „Wenn wir beispielsweise wissen, wer regelmäßig Medikamente benötigt, können wir besser helfen“, sagt Henke. An normalen Tagen werden vier Mitarbeiter in der Halle sein, nachts zwei. An Anreisetagen können es auch mehr sein. Zusätzlich hat die Stadt einen Sicherheitsdienst beauftragt.

 

 

 

 

 

Zwei Frauen in gelben Gummi-Handschuhen fegen und wischen unterdessen noch einmal durch die Halle. Währenddessen steht Birgit Heikenwälder an der Kreuzung der beiden Mittelgänge: Alles läuft reibungslos, meldet sie. Die Truppführerin der erst vor drei Jahren gegründeten THW-Fachgruppe Notversorgung und ihr Team haben jede Menge Erfahrung. Schon als 2015 Tausende Geflüchtete nach Mannheim kamen, richtete sie die Unterkunft auf dem Spinelli-Gelände ein. Während der Corona-Pandemie waren sie zuletzt im Einsatz, um eine zusätzliche Notaufnahme am Klinikum aufzubauen. Um 8 Uhr lieferte die Feuerwehr Kisten mit den Feldbetten an. Anderthalb Stunden später ist der Einsatz beendet – ein Heimspiel für das THW, das seine Unterkunft direkt hinter der Lilli-Gräber-Halle hat.

 

 

 

 

 

Für Henke und sein Team steht die wirkliche Arbeit erst noch bevor. Die Größe der Unterkunft sei „eher klein“ und der Aufbau der Räume reine Routine gewesen. Davor hatte die Stadt extra einen neuen Boden verlegen lassen, um den teuren empfindlichen Hallenboden zu schützen, erklärt Liza Klaus-Bosike vom Fachbereich Arbeit und Soziales.

 

 

 

 

 

„Das ist nicht das, was wir uns vorstellen“, sagt Jens Hildebrandt zur Unterbringung der Geflüchteten in der Halle. Vor Medien und mit Vereinsvertreter steht der Leiter des Fachbereichs Arbeit und Soziales am Dienstagmorgen im Vorraum der Lilli-Gräber-Halle. Der ist mit Bierzeltgarnituren mittlerweile zum Gemeinschaftsraum umfunktioniert worden. Über ihm flackert eine der Deckenleuchten unaufhaltsam. In zwei bis drei Monaten, sagt er, wird die Halle komplett voll sein. Für ein halbes Jahr ist die Belegung vorgesehen. Wie geht es dann mit den Menschen, die hier leben, und den neu ankommenden Geflüchteten weiter? Man sei auf der Suche und arbeite an weiteren Unterbringungsmöglichkeiten. „Auch an Hallen“, erwähnt Hildebrandt fast nebenbei. Aber das soll möglichst vermieden werden. Konkreter will der Fachbereichsleiter nicht werden.

 

 

 

 

 

Anfang Februar hatte Oberbürgermeister Peter Kurz angekündigt, dass die Lilli-Gräber-Halle mit bis zu 200 Asylbewerbern belegt werden soll. Etwa 100 bis 120 Geflüchtete pro Monat, oder bis zu 2000 im Jahr, werden Mannheim zur Unterbringung zugewiesen, hatte das Land der Stadt zuvor mitgeteilt. Die Zugewiesenen kommen nicht aus der Ukraine, sondern aus allen anderen Teilen dieser Welt. Bereits im Sommer war die Lilli-Gräber-Halle für die Aufnahme von Geflüchteten vorbereitet worden, damals für Menschen aus der Ukraine. Feldbett an Feldbett stand dort sogar komplett ohne raumtrennende Wände. Genutzt werden musste die Halle als Unterkunft nicht.

 

 

 

 

 

„Das nagt an der Existenz“, sagt Dirk Mehl, zweiter Vorsitzender des TV Friedrichsfeld. Erst sorgte Corona für viele Ausfälle im Trainings- und Spielbetrieb, jetzt die zweite Belegung der Lilli-Gräber-Halle. Mehl bringt noch immer viel Verständnis für die Stadt auf, lobt sogar die Hilfe der Verwaltung bei der Suche nach Alternativen. Auf die Probleme des TV durch die Situation weist er trotzdem ohne zu beschönigen hin. Viele Trainings- und Spielstunden konnten woanders kompensiert werden. Aber eben nicht alle: Eine Ausweichstätte auf der Gartenstadt beispielsweise sei vor allem für junge Sportler und deren Eltern schwierig. Ähnlich schildert Reinhard Schatz, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Friedrichsfelder Vereine (IGF), die Situation. Auch der Musikverein und die TSG Seckenheim leiden unter der Umnutzung der Halle.

 

 

 

 

 

Bis Ende des Jahres soll die Unterkunft an der Ecke Industrie- und Pyramidenstraße saniert sein. Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) in dem Gebäude war wegen miserabler Zustände 2020 geschlossen worden, damit hat die Stadt Privilegien als LEA-Standort – nämlich weitestgehend von der Aufnahme Asylsuchender befreit zu sein – verloren. Die Lilli-Gräber-Halle als Unterkunft für Geflüchtete zu nutzen, kostet für sechs Monate rund 2,3 Millionen Euro, die, so Hildebrandt, das Land trägt.

 

 

 

 

 

 

 


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