„Der Respekt hat sehr nachgelassen“

Gibt es genug Helfer, ausreichend Fahrzeuge, was macht die Digitalisierung und erleben sie Gewalt gegen Einsatzkräfte? Der Bundesvorsitzende der Grünen hat das Mannheimer THW besucht. Was er erfahren hat

Am Dienstagabend besuchte MdB Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von B90/Die Grünen, gemeinsam mit MdB Melis Sekmen und MdL Dr. Susanne Aschhoff den Ortsverband Mannheim. Gemeinsam mit THW-Präsidentin Sabine Lackner tauschten sie sich über das Ehrenamt im THW und die Leistungen der Helferinnen und Helfer aus. Sabine Lackner überreichte bei dieser Gelegenheit außerdem die Ehrenmedaille der THW-Präsidentin an Fachberater Norbert Meyer, für fast 50 Jahren Engagement im OV Mannheim. Der Landesbeauftragte Dietmar Löffler hatte zudem die Möglichkeit Nicole Dudziak die Berufung für ihre nächste Amtszeit als Ortsbeauftragte des OV Mannheim persönlich zu übergeben.

 

Hierzu schrieb der Mannheimer Morgen, Peter W. Ragge

 

Mannheim. „Echt beeindruckend“, findet Omid Nouripour, „der hat sogar mich ausgehalten“, sagt er mit Blick auf den Holzsteg. Der steht noch vom Tag der offenen Tür am Wochenende im Hof vom Technischen Hilfswerk (THW), doch jetzt ist es der Bundesvorsitzende der Grünen, der darüber balanciert – auf seiner Sommertour.

 

„Stärken, die uns schützen“ hat der Frankfurter Bundestagsabgeordnete und Grünen-Bundeschef seine Sommertour betitelt. Sie führt ihn zur Spezialeinheit GSG 9 und zur Fliegerstaffel der Bundespolizei, zur Freiwilligen Feuerwehr Bonn, zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und eben zum THW, wo die Wahl auf den Ortsverband Mannheim fiel.

 

Direkt mit der Mannschaft im Gespräch

 

Der Holzsteg, die Fahrzeuge – Omid Nouripour bleibt erstmal im Hof hängen, wo die Helfer eigentlich nach dem Tag der offenen Tür abbauen wollen. Begleitet wird er von der Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen und der Landtagsabgeordneten Susanne Aschhoff. Statt, wie geplant, mit Sabine Lackner, der neuen Präsidentin der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, sowie regionalen THW-Funktionsträgern ins Besprechungszimmer zu gehen, kommt der Grünen-Chef direkt mit der Mannschaft ins Gespräch.

 

Da hört er Dinge, die ihn überraschen – etwa, dass das THW Mannheim sehr viel Zulauf von neuen Helfern bekommen hat. Das, schränkt Lackner ein, gelte zwar nicht für alle Ortsverbände. Aber in Mannheim führe es dazu, dass Spinde fehlten und es in den Räumen inzwischen zu eng sei, berichtet Francesco Iacono. Ausgelöst durch die Ahrtal-Flut, seien auch Leute über 40 gekommen, „die der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen“.

 

Mit der Ausstattung mit modernen Fahrzeugen und Gerät ist der Ortsverband inzwischen zufrieden. „Da haben wir schwierige Zeiten erlebt“, erinnert Ortsbeauftragte Nicole Dudziak an frühere Sparmaßnahmen. Oldtimer würden nicht mehr fahren, bekräftigt auch Zugführer Benjamin Wenker: „Wir können uns fast gar nicht mehr beschweren“, meint er, nur Ersatzlieferungen von Material ließen manchmal lange auf sich warten. „Wir haben gut aufgeholt“, sagt auch Präsidentin Lackner. Neue Aufgaben – etwa als Folge des Klimawandels – erforderten aber mehr Mittel.

 

Gewalt gegen Einsatzkräfte?

 

Was Nouripour besonders interessiert, ist das Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte. Gewalt, da sind sich alle einig, haben sie persönlich noch nicht erlebt. „Aber der Respekt hat sehr nachgelassen, Absperrungen werden nicht akzeptiert“, sagt Katja Scheer. „Es heißt: Ich will da durch. Man wird ausgelacht“, hat auch Francesco Iacono erlebt. Plötzlich nicken viele Helfer und haben ähnliche Erfahrungen. „Die Uniform bietet keinen Schutz mehr“, bedauert Landeshelfersprecher Michael Hambsch, „auch im Ausland“. Die Konstruktion einer staatlichen Organisation mit ehrenamtlichen, freiwilligen Helfern gebe es sonst nirgends, „wir sind einzigartig“, hebt Präsidentin Lackner hervor.

 

Melis Sekmen interessiert dann noch, wie die Helfer mit schlimmen Erlebnissen umgehen. 1982, als er mit seinem Zug die 46 Leichen nach dem Hubschrauberabsturz bei Neuostheim bergen musste, habe es dazu „gar nichts“ gegeben, erinnert sich Norbert Meyer. Einige Kameraden hätten das bis heute nicht verarbeitet. Inzwischen gebe es aber gut geschulte Einsatznachsorgeteams, so Nicole Dudziak, die selbst einem solchen Team angehört. „Es wird auch niemand mehr ausgelacht“, sagt Katja Scheer, der nach einem Einsatz Probleme habe. „Wir sprechen viel miteinander, wie eine Familie“, so Francesco Iacono.

 

Gelacht wird, als Nouripour nach der Digitalisierung fragt. „Welche Digitalisierung?“, hört er im Chor. „Wir hinken hinterher“, muss da Präsidentin Lackner einräumen.

 


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