THW-Übung in Mannheim

Wände leicht geöffnet

Durchklettern durch einen Mauerdruchbruch (Bild von Masterpress/morgenweb)

In einem Häuserblock auf der Schönau, der demnächst abgerissen wird, übte das Technische Hilfswerk (THW) gestern, eingeschlossene Personen – etwa nach einem Erdbeben – zu befreien.

Staub, überall Staub - in der Luft, auf dem Boden, auf den blauen Einsatzanzügen, auch in den Gesichtern. Zwar wurde eine Schlauchleitung verlegt, liegt ein Strahlrohr bereit, um die Staubentwicklung wenigstens etwas mit Wasser einzudämmen, aber das reicht natürlich nicht. Denn mal kreischt da der Trennschleifer, dann dröhnt der Dampfmeißel durch das Anwesen und gleich darauf wackelt alles, weil ein Helfer den Bohrhammer ansetzt oder seine Kameraden mit dem Vorschlaghammer loslegen.

Geradezu ideal" sei der Nachkriegsbau im Tarnowitzer Hof, schwärmt THW-Zugführer Dr. Ralph Rudolph. "Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, wirklich Mauerdurchbrüche zu üben, auf die es im Ernstfall ankommt", freut sich Rudolph. Daher ist der THW-Ortsverband der zur Stadt gehörenden GBG - Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft dankbar, dass sie das Gebäude, das demnächst ohnehin abgerissen werden soll, zur Verfügung stellt. "Diese Chance haben wir leider selten", so Rudolph.

Mit vier Fahrzeugen sowie Kompressor-Anhänger rücken daher 16 Helfer, darunter drei Frauen, der Katastrophenschutzorganisation des Bundes auf der Schönau an. Zwei Gruppen des Bergungszuges sind dabei und Mitglieder der Fachgruppe Räumen - während parallel andere Mitglieder des Ortsverbandes in ihrem Stützpunkt in Friedrichsfeld gerade einen neuen Grundlehrgang abschließen, Prüfungen abnehmen.

Das Szenario der Übung lehnt sich an das an, was die THW-Mitglieder oft nach Erdbeben oder Explosionsunglücken erleben: Eine Person ist in einer versperrten, normal nicht zugänglichen Wohnung eingeschlossen und muss befreit werden - das klassische Einsatzfeld des THW, ob im In- oder im Ausland.

Zunächst gilt es ja, dem Menschen in Not zu signalisieren, dass Hilfe naht. Das THW setzt dafür ein sogenanntes Kernbohrgerät ein, das auch Beton durchdringen kann. Die diamantbesetzte Bohrkrone schneidet, mit Wasser gekühlt, aus der Decke der darüberliegenden Wohnung einen Zylinder von etwa sieben Zentimetern Durchmesser aus. "Das dient der Erkundung, aber dadurch kann man sich auch verständigen, zum Beispiel Wasser zu der Person durchreichen und ihr erklären, dass sie nun gleich gerettet wird", erläutert der Zugführer.

Dazu ist freilich eine größere Öffnung nötig. Dazu setzen die Helfer den Druckluftmeißel an oder brechen mit dem Bohrhammer das Mauerwerk heraus, schlagen schließlich die letzten, störrischen Steine mit dem Hammer weg. "Solche Öffnungen zu machen, das ginge auch mit dem Trennschleifer, aber da ist die Staubentwicklung noch höher, das versucht man zu vermeiden", so Rudolph, schließlich tragen ohnehin alle Helfer, die direkt an den Maschinen arbeiten, einen Mundschutz.

Ist die Öffnung geschafft, zwängen sich die Ehrenamtlichen hindurch, kriechen zu der verschütteten Person, betten sie in eine Schleifkorbtrage und ziehen sie so aus ihrem bisherigen steinernen Gefängnis. Dann müssen aber noch vier Mann anpacken, bis die Trage mit der Person - in diesem Fall einer 80 Kilo schweren Puppe - durch das enge Treppenhaus geschleppt ist.

Beendet ist die Übung indes mit dieser Rettung noch lange nicht. "Wenn wir schon hier sind, nutzen wir alle Möglichkeiten", so Rudolph. Jede Gruppe kann mal jedes Gerät ausprobieren - Wände und Decken gibt es ja genug. Daher tönt mal da der Bohrhammer, hört man von dort Geräusche von Hämmern und Brecheisen, wird gemeißelt und geklopft. "Wir bekommen da interessante Erkenntnisse, etwa über verschiedene Materialien", so der Zugführer. Selbst die alten Holztüren des baufälligen Gebäudes ließen sich nicht so leicht eintreten, "da brauchten wir schon Brecheisen und Vorschlaghammer".

Sonntag, 10.05.2015 (Sonntag aktuell/morgenweb, Peter W. Ragge)


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